Sonntag, 15. August 2010

Zeit, Energie, Projekte

Auch den zweiten Tag habe ich mit Anstand - nein, Bravour! - hinter mich gebracht. Im Grunde verstehe ich die Reaktion meines Mannes ja sogar: er sagt, er hätte sich so angewöhnt, mein Essen, Nichtessen, Überessen auszublenden, dass es ihm nun gar nicth auffällt, wenn es mir (mal) gut geht. Ich wünsche mir schon Bestärkung, Ermutigung, wenn auch kein Lob (das hätte irgendwie etwas bemitleidigendes an sich), kann es aber wie gesagt verstehen, wenn er noch immer nicht hinschauen will. Wenn er dem Frieden nicht traut. Wenn er die Vorstellung hat, in dem Moment, in dem er sich entspannt, aufatmet, nichtsahnend und arglos um die Ecke biegt, er wieder face to face mit Mia steht. Und das dann nciht verkraftet.
Jedenfalls geht es mir gut. Ich habe gut gegessen. Ich vermeide die Waage, wenn ich auch nciht ganz vermeiden kann, im Vorbeigehen kritisch in den Spiegel zu gucken oder mal eine Bauchfalte zu ziehen.

Vorhin habe ich über den anstehenden Familienfeier-"Urlaub" nachgedacht. Eine Wohnung zu teilen mit meinem Bruder und seiner Freundin, mit meinem Vater! Gemeinsame Mahlzeiten, Frühstück mit Brötchen und vielleicht sogar Croissants oder Brioche. Festessen, rustikales Buffet, Kaffee und Kuchen. Und ich unter Beobachtung. Nicht nur gemeinsame Mahlzeiten, ja auch ein gemeinsames Bad. Mein Vater und Essen, die denkbar ungünstigste Kombination. Auch, weil er seit neustem selbst so magersüchtige Denktendenzen zeigt.:"Ich hab zuviel gegessen" -  "ich esse die nächsten zwei Tage nur Salat" -  "das war mehr, als ich sonst in drei Tagen esse" - "fressen ist schön!" Gift, Gift, Gift.
Trotzdem bin ich nicht besorgt. Nicht nur, weil ich jetzt eh nichts daran machen kann, weil ich nicht über morgen oder gar in drei Wochen nachdenken kann (hier greift die berühmte AA Regel "Nur für heute"), sondern, weil ich tatsächlich keine Bedenken habe. Warum sollte ich ein Büffet nicht überstehen? Warum sollte ich nciht zusehen können, wenn die anderen ihre Marmeladenbrötchen essen? Es gibt keinen Grund!

Einen wehmütigen Moment hatte ich heute schon. ich habe meinem Mann Brötchen geschmiert, und der Geruch dieses frischen, frisch aufgeschnitten hellen Brotteigs, der hat mich schon arg in der Nase gekitzelt. Dann kommt der Gedanke, nie wieder? Nie wieder! Nie wieder?

Noch existiere ich in der Leere. Noch ist nichts nachgeflossen, was Mia ersetzen könnte, kommt es hart auf hart, d.h. eine trigger Situation. Noch bin ich nur ich, mialos. Noch bin ich ncith mehr, als ich vorgestern war.
Oder?
Ich scheine mehr Energie zu haben, wenn auch nciht direkt körperlich. Eher habe ich wieder Ideen, ich kann mir Projekte vorstellen. ich kanns ie angehen: heute habe ich das Bad geputzt, gründlich geputzt, und einige Sachen weggeworfen. Ich kann mir vorstellen, morgen endlich den Zahnarzttermin auszumachen und hinzugehen ;-) ich kan mir vorstellen, die Energie aufzubringen, das Wohnzimmer umzuräumen. Ich bin geduldiger und ausdauernder mit Sari.

***

Liebe Mia.
Ich weiß  nciht, wo du jetzt bist. bei wem. was du tust. Wie es dir geht. Vielleicht hast du mich vergessen, bin ich austauschbar, war ich dir nie die Freundin, die du mir warst. War ich dir nie wichtig, so wie du mir wichtig warst.
Das alles macht mir nichts.
Heute hat mich der Geruch nach frischen Brötchen an dich erinnert, an unsere gemeinsame Zeit, und das habe ich gespürt wie einen Stich ins Herz. Ja, dort warst du.

Blume

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